
Kiel (dpa) – Nach der Einstufung der AfD als Partei mit gesichert rechtsextremistischen Bestrebungen durch das Bundesamt für Verfassungsschutz werden auch in Schleswig-Holstein Forderungen nach einem Verbotsverfahren gestellt. «Der Bund muss jetzt zügig ein Verbotsverfahren einleiten, um unsere Demokratie zu schützen», sagte Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) dem Nachrichtenmagazin «Der Spiegel». Die AfD lasse «schon lange keinen Zweifel an ihrer verfassungsfeindlichen Gesinnung».
Die Einstufung des Verfassungsschutzes sei daher «keine Überraschung, aber sie bringt Klarheit», sagte Günther. Die Einstufung im Bund als gesichert rechtsextremistisch führe «hoffentlich auch ihren Wählern vor Augen, wie gefährlich diese Partei ist».
Sütterlin-Waack mahnt bei Verbotsverfahren zu Sorgfalt
Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) sagte der Deutschen Presse-Agentur, die Einstufung dürfte niemanden überraschen. «Bereits in der Vergangenheit und besonders während des Bundestagswahlkampfs hatten sich Vertreterinnen und Vertreter der Partei bundesweit immer deutlicher menschenverachtend und demokratiefeindlich in der Öffentlichkeit geäußert.»
Die Entscheidung des Bundesamtes führe nicht unmittelbar zu der gleichlautenden Einstufung des Landesverbandes Schleswig-Holstein, sagte Sütterlin-Waack. «Unser Landesverfassungsschutz hat den klaren landesgesetzlichen Auftrag, gegen Extremismus und gegen menschenverachtende Bestrebungen vorzugehen. Er bewertet dabei fortlaufend und unabhängig das Auftreten der Partei und ihrer Mitglieder bei uns in Schleswig-Holstein.» Die Erkenntnisse des Bundesamtes flössen in die Bewertungen aber ein.
Es sei verständlich, dass viele Menschen auf Grundlage der Einstufung ein Verbotsverfahren für die AfD forderten, sagte die Innenministerin. «Die hohen verfassungsrechtlichen Voraussetzungen für ein Verbotsverfahren müssen nun sorgfältig geprüft werden.»
Nord-AfD sieht sich weiter als demokratische Partei
Schleswig-Holsteins AfD-Landesvorsitzender Kurt Kleinschmidt kritisierte die Einstufung. «Diese Neubewertung unserer Alternative für Deutschland ist meines Erachtens nach erneut eine politisch motivierte Vorgehensweise, und ich erwarte, dass die Bundespartei juristisch dagegen vorgehen wird», erklärte Kleinschmidt. Die Einstufung komme für ihn nicht überraschend, er habe aktuell aber nicht damit gerechnet.
Der Landesverband und auch die mittlerweile aufgelöste Jugendorganisation seien zu keinem Zeitpunkt im Verfassungsschutzbericht erwähnt worden, sagte Kleinschmidt. Die Landespartei setze weiter auf sachorientierte Arbeit. Die AfD sei weiterhin eine demokratische Partei rechts der Mitte.
Reaktionen aus dem Landtag
Die stellvertretende SPD-Bundesvorsitzende Serpil Midyatli betonte dagegen, «jetzt haben wir schwarz auf weiß, was wir schon vorher wussten: Wo Rechtsextremisten drin sind, steht es jetzt auch drauf», sagte die Oppositionsführerin im Landtag. «Für mich ist klar: Das Verbot muss kommen.» Das ganze Verfahren müsse weiter in der nötigen Sorgfalt, belastbar und ohne Fehler vorbereitet werden.
Grünen-Landeschef Gazi Freitag sprach von einem historischen Schritt. «Das Bundesamt für Verfassungsschutz benennt klar, was längst Realität ist: Die AfD ist keine konservative Partei, sondern eine organisierte Gefahr für unsere Demokratie.»
FDP-Fraktionschef Christopher Vogt betonte, die Mehrheit der AfD-Funktionsträger stehe dem russischen Präsidenten Wladimir Putin deutlich näher als dem Grundgesetz und sei nicht an Lösungen interessiert, sondern an der Zersetzung der Demokratie. «Ich warne vor einem voreiligen Verbotsverfahren, das angesichts der hohen Hürden für ein Parteiverbot scheitern könnte. Dies wäre kontraproduktiv.»
Der SSW-Bundestagsabgeordnete Stefan Seidler erklärte, «es ist schon erschreckend, wie eindeutig das Gutachten des Verfassungsschutzes ausfällt». Die Botschaft sei ein klarer Aufruf, jetzt zu handeln. «Noch im Januar habe ich gemeinsam mit anderen Abgeordneten aus der Mitte des Parlaments die Prüfung der Verfassungswidrigkeit der AfD im Bundestag gefordert und einen Antrag dazu eingebracht.» Die Bundesregierung könne sich hier jetzt nicht mehr wegducken.