
Kiel (dpa/lno) – Schleswig-Holsteins Landesregierung plant, den Verfassungsschutz mit einem neuen Gesetz zu stärken und zugleich strengere Kontrollen einzuführen. «Unser Verfassungsschutzgesetz ist 30 Jahre alt», sagte Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) in Kiel. Damals sei es fortschrittlich gewesen – nun müsse es an neue Herausforderungen angepasst werden.
«Mit diesem Gesetz stellen wir den Verfassungsschutz auf ein neues Fundament», betonte Sütterlin-Waack. So soll die Behörde neue Befugnisse etwa bei der Finanzermittlung erhalten. Künftig darf sie Kontostamm- und Kontoverkehrsdaten abfragen sowie Daten mit Hilfe künstlicher Intelligenz automatisch auswerten – beispielsweise in extremistischen Online-Foren.
Zur automatisierten Informationsauswertung habe sich das Land gegen die Software des US-Unternehmens Palantir entschieden, erklärte Sütterlin-Waack. Welches System – vorzugsweise aus Europa – es stattdessen werde, sei bisher noch offen. Palantir wurde von dem Tech-Milliardär Peter Thiel mitgegründet, der bekannt ist für seine libertären und rechtskonservativen Positionen, seine Nähe zu Donald Trump und seine Kritik an liberalen Demokratien.
Überdies seien in der Gesetzesneufassung für die Wohnraumüberwachung und die Quellen-Telekommunikationsüberwachung neue «normenklare» Regelungen geplant.
Mehr Kontrollmaßnahmen
Gleichzeitig kündigte die Innenministerin auch neue Mechanismen an, um die Arbeit des Verfassungsschutzes zu kontrollieren. So sollen die Grenzen für den Einsatz von Vertrauenspersonen, auch «V-Leute» genannt, klarer geregelt werden. Ebenfalls soll es eine gerichtliche Vorab- und Begleitkontrolle für besonders «eingriffsintensive» Mittel – wie den Einsatz von Vertrauenspersonen – geben.
Die Vertrauenspersonen dürften zudem keinen steuernden Einfluss auf die Bestrebungen einer zu beobachtenden Gruppe haben, so Sütterlin-Waack. Überdies soll die Rolle des parlamentarischen Kontrollgremiums gestärkt werden. Dies erhält dem Ministerium zufolge zusätzliche Befugnisse wie Akteneinsichts- und Zugriffsrechte.
Die neuen Kontrollmaßnahmen gehen auch auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom April 2022 zurück. Damals kippte das Gericht das bayerische Landesverfassungsschutzgesetz. Es betonte laut Sütterlin-Waack, dass schwere Grundrechtseingriffe, etwa durch nachrichtendienstliche Mittel, einer gerichtlichen Kontrolle unterliegen müssen.
Zweite Kabinettsbefassung Ende 2025
Nach der ersten Kabinettsbefassung mit dem neuen Verfassungsschutzgesetz in der vergangenen Woche soll nun die Anhörung der Verbände folgen. Die zweite Kabinettsbefassung sei für das vierte Quartal 2025 vorgesehen.
Parallel zu dem neuen Verfassungsschutzgesetz ist noch ein Gesetzesentwurf zur Überprüfung der Verfassungstreue von Beamtinnen und Beamten in Arbeit. Eingeführt werden soll eine Regelabfrage beim Verfassungsschutz vor der Einstellung von Bewerberinnen und Bewerbern in den öffentlichen Dienst.
Man dürfe keine Bestrebungen unterstützen, die sich gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung richten, und keiner solchen Organisation angehören. Wer falsche Angaben zur Verfassungstreue macht, riskiere die Rücknahme der Beamtenernennung, hieß es vom Innenministerium.