
Hamburg (dpa/lno) – Nach der Einstufung der AfD als Partei mit gesichert rechtsextremistischen Bestrebungen durch das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) scheiden sich in Hamburg die Geister in puncto eines Verbotsverfahrens. Während Grüne und Linke in der Bürgerschaft es fordern, lehnen SPD und CDU es zum jetzigen Zeitpunkt weiterhin ab.
Die Einstufung der AfD als rechtsextreme Bestrebung durch das Bundesamt komme für ihn nicht überraschend, sagte Innensenator Andy Grote (SPD), sei die Entwicklung der Partei doch «ein permanenter Radikalisierungsprozess».
Grote gegen schnelles Verbotsverfahren – Fegebank dafür
Selbst eine gerichtliche Bestätigung dieser Einstufung wäre zwar eine notwendige, aber immer noch keine ausreichende Voraussetzung für ein Verbotsverfahren, sagte er. Diese müsste zunächst wieder vom Bundesamt für Verfassungsschutz und vom Bundesinnenministerium dahingehend überprüft werden, ob sie die für ein Verbotsverfahren nötige «sehr hohe Erfolgsaussicht» begründe.
Ein Parteiverbotsverfahren sei ein «sehr scharfes Schwert, das nur in absoluten Ausnahmefällen eingesetzt werden sollte», sagte Hamburgs Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank von den Grünen. «Aber wann, wenn nicht jetzt, sollte ein Parteiverbotsverfahren auf den Weg gebracht werden?», fragte sie.
Die derzeit in Umfragen bundesweit führende Partei werde vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuft, weil sie sich gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung richte. «Genau für solche Fälle beinhaltet unser Grundgesetz die Möglichkeit eines Parteiverbotsverfahrens.» Es sei auch der «passende Umgang mit diesen Feinden unserer Demokratie, anstatt sie weiter zu normalisieren», sagte Fegebank.
CDU-Chef Thering gegen Verbotsverfahren
«Ein Verbot der AfD ist überfällig», sagte der Innenexperte der Linksfraktion, Deniz Celik. «Aber es darf nicht davon ablenken, dass es die regierenden Parteien der vergangenen Jahre waren, die den Rechtsruck mit vorangetrieben haben durch die faktische Abschaffung des Asylrechts sowie durch massive soziale Kürzungen.»
Hamburgs CDU-Landes- und Fraktionschef Dennis Thering sieht die eigene Einschätzung der AfD durch den Verfassungsschutz zwar bestätigt, hält ein Verbotsverfahren aber derzeit noch für zu unsicher. Aber: «Spätestens jetzt muss jeder verstanden haben, diese Partei und ihre Vertreter sind alles andere, aber sicherlich nicht bürgerlich, konservativ, geschweige denn patriotisch.»
Die Hamburger AfD wies die Einstufung der Gesamtpartei als rechtsextremistisch als falsch zurück. «Unsere Erkenntnis: Der Verfassungsschutz ist eine gesichert politisch instrumentalisierte Behörde», sagte Landeschef Dirk Nockemann. Deshalb überrasche ihn die Entscheidung nicht. «. Wir werden uns auch diesem erwarteten Angriff auf unsere Partei mit allen juristischen Mitteln zur Wehr setzen.»
Grüne: AfD gehört vors Verfassungsgericht, nicht in Parlamente
Wer Bevölkerungsgruppen systematisch abwerte, demokratische Institutionen angreife und die historische Verantwortung Deutschlands missachte, «gehört nicht in Parlamente – sondern vor das Bundesverfassungsgericht», sagte die Fraktionschefin der Grünen, Sina Imhof. «Rechtsextreme Parteien müssen verboten werden – und die AfD ist eine davon.»
Die neue Einstufung sei «ein warnender Realitätscheck für alle, die die AfD in der Vergangenheit unterstützt haben», sagte der Vorsitzende der SPD-Fraktion, Dirk Kienscherf. «Sie sollten sich jetzt fragen: Unterstütze ich weiter eine gesichert rechtsextreme Partei?»
Zahlreiche Mitglieder und Parlamentarier der AfD pflegten «beste Kontakte zum Kriegstreiber Putin und sind tief im russischen Herrschaftssystem verwurzelt», sagte Thering. Eine Zusammenarbeit oder Absprachen seiner Hamburger CDU mit der AfD gab es deshalb schon bisher nicht und werde es auch in Zukunft nicht geben.
Die AfD sei «ein Sammelbecken für Rassist*innen und Faschist*innen», sagte Linken-Politiker Celik. «Um die AfD nachhaltig zu bekämpfen, brauchen wir eine grundsätzlich andere Politik für bessere Arbeits- und Lebensbedingungen und gegen soziale Spaltung.»
Landesamt will Gutachten des Bundesamts zur AfD zunächst prüfen
Wie sich die Entscheidung des Bundesamtes für Verfassungsschutz auf den Umgang des Hamburger Landesamtes mit dem AfD-Landesverband auswirken wird, sei noch offen, hieß es aus dem Amt. Zunächst wolle man das Gutachten prüfen, ob und gegebenenfalls welche Konsequenzen daraus in Hamburg zu ziehen seien, sagte ein Sprecher. Noch liege das Gutachten dem Landesamt aber nicht vor.