
Kiel (dpa/lno) – Der Finanzausschuss des Bundesrats hat auf Antrag Schleswig-Holsteins und weiterer Länder empfohlen, den Bund zur Absenkung der Stromsteuer auf das europäische Mindestmaß für alle Verbrauchergruppen aufzufordern. «Wir fordern die Bundesregierung auf, ihr Wort zu halten und die Stromsteuer für alle Verbrauchergruppen abzusenken», forderte Schleswig-Holsteins Finanzministerin Silke Schneider (Grüne).
«Wir können nicht einerseits die Industrie bei den Energiekosten entlasten und wie heute im Bundesrat für eine deutliche Absenkung der Körperschaftsteuer stimmen und andererseits ist für die Entlastung der Bürgerinnen und Bürger kein Geld mehr übrig.» Gerade kleine und mittlere Einkommen bräuchten diese Entlastung, so Schneider. «Eine pauschale Senkung der Stromsteuer ist einfach umsetzbar und kommt direkt bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern an. Ich erwarte, dass der Bund seine Entscheidung zur Stromsteuerabsenkung noch einmal überdenkt.»
Goldschmidt fordert vom Bund Einhaltung der Zusagen
Zuvor hatte Schleswig-Holsteins Umweltminister Tobias Goldschmidt (Grüne) ein klares Signal des Bundesrats zur Senkung der Stromsteuer gefordert. «Es ist bitter, dass die neue Bundesregierung ihre Zusage an Haushalte und Verbraucher bricht», sagte Goldschmidt der dpa. Stromkunden und Unternehmen bräuchten dringend die Entlastung bei den Strompreisen. Ohne diese würde die klimaneutrale Transformation ausgebremst – denn nur mit günstigem grünem Strom stellten mehr Unternehmen ihre Prozesse auf erneuerbare Energien um.
Dabei kritisierte Goldschmidt vor allem Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) und Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD). «Frau Reiche und Herr Klingbeil haben es offensichtlich nicht so mit dem Klimaschutz», sagte er.
Bundesland könnte leer ausgehen
Für Schleswig-Holstein sei die Stromsteuersenkung auch deshalb wichtig, weil das Bundesland sonst leer ausgehe. Falls nur die Übertragungsnetzentgelte entlastet werden sollen, kommt laut Goldschmidt in den Haushalten im nördlichsten Bundesland von den versprochenen «bis zu» drei Cent fast nichts an. «Denn wir erzeugen so viel erneuerbare Energien, dass wir kaum Strom aus dem Übertragungsnetz beziehen.»
Das nördlichste Bundesland deckte laut Umweltministerium im vergangenen Jahr 170 Prozent seines Strombedarfs mit grünem Strom. Etwa acht Monate im Jahr liefert Schleswig-Holstein Strom ab, vor allem in den Westen und Süden Deutschlands. Bereits 2016 erzeugte das Land demnach erstmals mehr Strom aus erneuerbaren Energien, als es selbst verbrauchte.
Breite Kritik an Entscheidung der Bundesregierung
An der Entscheidung der schwarz-roten Bundesregierung, die Stromsteuer nicht – wie im Koalitionsvertrag angekündigt – auch für alle Bürger und für alle Betriebe zu senken, gibt es breite Kritik, auch von Unions-Ministerpräsidenten. Die Bundesregierung hat beschlossen, die Absenkung der Stromsteuer für das produzierende Gewerbe ab 2026 zu verstetigen.
Kanzler Friedrich Merz (CDU) sowie Finanzminister Klingbeil haben die Entscheidung unter Verweis auf knappe Kassen damit begründet, Priorität habe die Entlastung der Industrie, um Jobs zu sichern. Sie verweisen daneben auf geplante Entlastungen der Verbraucher bei den Netzentgelten sowie der Gasspeicherumlage.