
Kiel (dpa/lno) – In den Arztpraxen in Schleswig-Holstein fehlen zahlreiche Medizinische Fachangestellte (MFA). Das macht sich nach Angaben von Ärztevertretern im Praxisalltag negativ bemerkbar.
Mitte des vergangenen Jahres arbeiteten nach Angaben des Verbandes medizinischer Fachberufe 14.929 MFA in schleswig-holsteinischen Praxen. «Die demografische Entwicklung spiegelt sich auch in diesem Beruf wider. Die Anzahl an Auszubildenden sinkt seit 2021», sagt Verbands-Präsidentin Hannelore König.
Viele MFA würden darüber hinaus den Beruf verlassen, weil das Gehalt im Vergleich zur Verantwortung für die Gesundheit, zum täglichen Stress und zu anderen vergleichbaren Gesundheitsberufen zu niedrig sei, erklärte König.
«Ohne MFA ist eine Praxis quasi nichts»
«MFA haben in den Praxen eine zentrale Funktion. Ohne sie ist eine Praxis quasi nichts», sagt Jens Lassen, Vorsitzender des Hausärzteverbandes Schleswig-Holstein. Der Beruf sei spannend und anspruchsvoll und habe sich gerade zuletzt weiterentwickelt. Es gebe auch in Schleswig-Holstein viele Praxen, die händeringend nach MFA suchten – konkrete Zahlen konnte Lassen aber nicht nennen.
«Das ist ein drängendes Problem. Ein MFA-Mangel schränkt die Leistungsfähigkeit einer Praxis direkt ein und hat unmittelbare Auswirkungen auf die Patientenversorgung: Längere Wartezeiten, Einschränkungen im Leistungsspektrum, Mehrbelastung der Ärzte», erklärt Lassen.
«Ein substanzielles Problem für Arztpraxen»
«Wir wissen, dass der Mangel an Fachkräften in den Praxen ein substanzielles Problem ist und die Mediziner sehr bewegt», sagt Delf Kröger, Sprecher der Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein in Bad Segeberg. Es sei schwierig für die Ärztinnen und Ärzte, gute MFA zu bekommen. Gut geschulte Fachangestellte seien ein ganz entscheidender Faktor in einer Praxis.
Grundsätzlich betreffe der Personalmangel alle Fachrichtungen. Niedergelassene Ärzte machten zudem die Erfahrung, dass Fachkräfte von der Konkurrenz wie zum Beispiel Kliniken abgeworben würden, die bessere Konditionen bieten. «Wir fordern daher eine auskömmliche Finanzierung der Arztpraxen. Sie müssen als Arbeitgeber gute Fachkräfte bezahlen können», sagt Kröger.
Personalmangel wird sich noch verschärfen
Bei der Fachkräfte-Engpassanalyse der Bundesagentur für Arbeit 2023 im Bezirk Schleswig-Holstein/Hamburg hätten bereits vier von sechs Kriterien Anzeichen für einen Engpass gezeigt. Die Relation zwischen Arbeitssuchenden und Stellen sei weiter gesunken und erhole sich nur noch jeweils nach den Abschlussprüfungen. In Schleswig-Holstein habe dieser Wert im Jahr 2024 über mehrere Monate bei 1,1 gelegen.
Verbands-Präsidentin König glaubt, dass der Mangel in Zukunft noch größer werden wird. «Denn einerseits gehen die geburtenstarken Jahrgänge in nächster Zeit in die Rente, und andererseits werden immer mehr MFA benötigt, um die Ärztinnen und Ärzte zu entlasten», sagt sie.
Solange die Wettbewerbsverzerrung um Medizinische Fachangestellte zwischen niedergelassenen Arztpraxen und den Kliniken nicht beseitigt werde, werde sich der Mangel in den Arztpraxen weiter verschärfen, sagt König. «Dies trifft insbesondere auf größere Städte und die Umgebung von Kliniken zu.»
Lohngefälle zu vergleichbaren Berufen
Dem Verband medizinischer Fachberufe sei es in den vergangenen Jahren gelungen, deutliche Gehaltserhöhungen für MFA zu erzielen. Dennoch sei der Abstand zu vergleichbaren Berufen immer noch sehr groß. MFA hätten die gleiche Ausbildungsdauer wie Pflegefachkräfte, nämlich drei Jahre, und eine ebenso hohe Verantwortung für Patientinnen und Patienten, sagt die Präsidentin.
«Das muss sich auch im Gehalt spiegeln. Die Voraussetzung dafür ist – wie in der Pflege – dass die Erhöhungen der Tarifgehälter gegenfinanziert werden und somit bei der Finanzierung der Leistungen niedergelassener Ärztinnen und Ärzte vollumfänglich berücksichtigt werden», erklärt Hannelore König.