
Hamburg (dpa/lno) – Wegen heimtückischen Mordes an einem 62-Jährigen in Hamburg-Sasel hat das Landgericht den Sohn des Opfers zu einer siebenjährigen Jugendstrafe verurteilt. Der 20-Jährige habe seinen schlafenden Vater am 26. November vergangenen Jahres mit 16 Hammerschlägen auf den Kopf getötet, sagte die Vorsitzende Richterin der Strafkammer, Anne Meier-Göring. Der Angeklagte sei voll schuldfähig gewesen und habe die Tat rückhaltlos gestanden.
Tyrannei und Demütigung
Das Verfahren lief weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Diese war auch nur bei einem Teil der Urteilsverkündung zugelassen.
Der Angeklagte habe seinen Vater aus lange angestautem Hass getötet, sagte die Richterin. Zuvor habe er nie eine Straf- oder Gewalttat begangen, habe «gewissermaßen keiner Fliege etwas zuleide tun können». Der Angeklagte habe sich geradezu zu der Tat gezwungen. «Das Worst-Case-Szenario wäre für Sie gewesen, wenn er (der Vater) den Angriff überlebt hätte», sagte Meier-Göring. Dann – so die Befürchtung des Angeklagten – hätte er weiter unter der unerbittlichen Kontrolle des Vaters gestanden und jahrelange Tyrannei und Demütigung ertragen müssen.
Doch schon kurz nach der Tat habe er begonnen, seinen Vater auch zu vermissen. «Sie wünschten sich so sehr, noch einmal mit ihm in den Urlaub zu fahren oder Musik zu hören.» Noch am Morgen war der Deutsche zu einem Polizeikommissariat gegangen und hatte sich gestellt.
Vater wollte Vorzeigefamilie
Einige Zeit vor der Tat hatte der Angeklagte seine Lehrstelle verloren. Aus Angst vor erneuter Demütigung habe er sich aber nicht getraut, das dem Vater zu sagen. Dem 62-Jährigen sei daran gelegen gewesen, die Fassade einer Hamburger Vorzeigefamilie zu wahren. «Wie um Himmels willen konnten Sie es schaffen, ihren Vater zu ermorden, aber nicht, sich zu offenbaren und Hilfe zu suchen?», sagte die Richterin an den Angeklagten gewandt.
Familie hält zum Sohn
Die Familie habe völlig fassungslos auf die Tat reagiert. Dennoch hätten Mutter und Bruder sowie Onkel und Tante im Prozess zu dem 20-Jährigen gehalten. Der Bruder habe sogar geäußert, dass er die Tat im Grunde nachvollziehen könne. Der Onkel sei als Nebenkläger aufgetreten, aber nur, um seinen Neffen zu unterstützen. Er habe mit fünf Jahren Haft die niedrigste Strafforderung gestellt. Die Staatsanwaltschaft hatte acht Jahre beantragt. Die Verteidigung habe um Verständnis für die Tat und um Mitgefühl für den Angeklagten gebeten.
Die Strafkammer habe Jugendstrafrecht angewendet, weil der Angeklagte unzweifelhaft eher ein Jugendlicher als ein Erwachsener sei, sagte Meier-Göring. Er müsse jetzt lernen, mit seiner Schuld zu leben. Das Gericht hoffe, dass er danach in Freiheit leben und vielleicht sogar Musik studieren könne, was seinem Vater gefallen hätte. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.