
Hamburg (dpa) – Die Mehrheit der Unternehmen in der norddeutschen Metall- und Elektroindustrie sieht einer möglichen Anhebung des Mindestlohns auf 15 Euro pro Stunde eher gelassen entgegen. So antworteten in der Frühjahrskonjunkturumfrage mehrerer Arbeitgeberverbände 64 Prozent der Betriebe auf die Frage, welche Folgen ein höherer Mindestlohn für sie hätte, mit «neutral». 35 Prozent rechneten dagegen mit negativen Folgen, ein Prozent gehe sogar von einer Verbesserung der Lage aus.
Mindestlohnkommission legt Vorschlag vor
Zu künftigen Höhe der gesetzlichen Lohnuntergrenze legt die Mindestlohnkommission einen Vorschlag vor. Derzeit liegt der Mindestlohn bei 12,82 Euro pro Stunde. Die Arbeitgeber haben bereits vor gravierenden ökonomischen Folgen durch eine deutliche Mindestlohnerhöhung gewarnt. Der Deutsche Gewerkschaftsbund hatte sich im vergangenen Jahr auf die Forderung von 15,27 Euro je Stunde für 2026 festgelegt.
Der Umfrage der Arbeitgeberverbände Nordmetall, AGV Nord, Oldenburg und Ostfriesland sowie des Allgemeinen Arbeitgeberverbands Bremen zufolge gibt es bei der Bewertung des Mindestlohns in den norddeutschen Bundesländern deutliche Unterschiede. So rechnen etwa 55 Prozent der befragten Betriebe in Mecklenburg-Vorpommern mit negativen Folgen.
Große Unterschiede bei den Einschätzungen in den Ländern
In Bremen seien es dagegen nur 13 Prozent, in Hamburg 24, in Schleswig-Holstein 33 und in Niedersachsen 37 Prozent. Positive Folgen einer Anhebung des Mindestlohns auf 15 Euro pro Stunde sehen zwei Prozent der Betriebe in Mecklenburg-Vorpommern sowie ein Prozent in Schleswig-Holstein. Die Verbände befragten nach eigenen Angaben vom 29. April bis zum 13. Mai 206 Unternehmen, die insgesamt mehr als 100.000 Mitarbeiter beschäftigen.
Die Höhe des Mindestlohns hat auch Auswirkungen auf Bürgergeldzahlungen. So gab der Staat im vergangenen Jahr für rund 826.000 Erwerbstätige rund sieben Milliarden Euro aus, weil deren Einkommen nicht zum Leben reichte, wie aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken hervorgeht. Damit ist die Zahl der sogenannten Bürgergeld-Aufstocker erstmals seit 2015 wieder gestiegen.
Gesetzlicher Mindestlohn wurde 2015 eingeführt
Damals wurde in Deutschland der gesetzliche Mindestlohn eingeführt, zunächst mit 8,50 Euro die Stunde. Danach sank die Zahl der Aufstocker von gut 1,2 Millionen kontinuierlich auf rund 796.000 Menschen im Jahr 2023. Für 2024 weist die Statistik nun erstmals wieder nach oben.
Der Hauptgeschäftsführer von Nordmetall und AGV Nord, Nico Fickinger, forderte die Mindestlohnkommission auf, sich weiter an der Lohnentwicklung zu orientieren und keine sachfremden Kriterien wie die Sicherung eines angemessenen Lebensunterhalts in den Blick zu nehmen. «Vor allem kleine und mittlere Unternehmen haben inzwischen kaum noch Spielraum, um steigende Lohnkosten auszugleichen», warnte er.