Lange Haftstrafen für tödliches Autorennen

Sieben beziehungsweise siebeneinhalb Jahre Gefängnis erhalten die beiden in Hamburg verurteilten Raser, die das Leben eines Kindes auf dem Gewissen haben.
Sieben beziehungsweise siebeneinhalb Jahre Gefängnis erhalten die beiden in Hamburg verurteilten Raser, die das Leben eines Kindes auf dem Gewissen haben. Foto: Christian Charisius/dpa

Hamburg (dpa/lno) – Im Prozess um ein illegales Autorennen, bei dem vor knapp einem Jahr in Hamburg ein zweijähriges Kind getötet wurde, hat das Landgericht lange Haftstrafen verhängt. Die 23 und 25 Jahre alten Angeklagten erhielten Gefängnisstrafen von siebeneinhalb beziehungsweise sieben Jahren. Das Gericht befand sie der Teilnahme an einem verbotenen Kraftfahrzeugrennen mit Todesfolge, vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs und fahrlässiger Körperverletzung für schuldig. 

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Binnen einer Woche kann Revision angemeldet werden.

Gericht: Autoraser hatten keinen Tötungsvorsatz

Die Staatsanwaltschaft hatte in ihrem Plädoyer für die beiden Deutschen zuvor die Verhängung einer lebenslangen Haftstrafe wegen Mordes verlangt. Dem folgte das Gericht jedoch nicht. 

Die beiden jungen Männer müssten «lebenslang mit der Schuld leben», sagte der Vorsitzende Richter. «Die beiden Angeklagten sind aber keine Mörder, weil sie weder mit einem Verletzungsvorsatz noch mit einem Tötungsvorsatz handelten.» Gleichwohl sei ihnen die Gefährlichkeit ihres Tuns bewusst gewesen.

Mit 180 Sachen durch die Stadt – Rennen nimmt tödliches Ende 

In seiner Urteilsbegründung schilderte der Richter noch einmal minuziös das Tatgeschehen, dass aufgrund der in den Fahrzeugen installierten Kameras der Angeklagten bis ins Detail auf Video festgehalten war.

Demnach hatten sie sich Ende August vergangenen Jahres abends mit ihren Autos auf dem Schiffbeker Weg in Billstedt ein Rennen geliefert. Der Wagen des Jüngeren – ein E-Auto eines großen US-Herstellers – habe dabei eine Höchstgeschwindigkeit von 178 km/h erreicht, der des 25-Jährigen, den sich dieser nur von seiner Schwester ausgeliehen hatte, 148 Kilometer pro Stunde. Erlaubt ist auf der vierspurigen Straße nur Tempo 50.

Nach nur 570 Metern nahm das Rennen ein schlimmes Ende, als das Auto der Familie des getöteten Kindes auf die Straße einbog – der Zweijährige im Kindersitz auf der Rückbank, sein Zwillingsbruder im Kindersitz daneben, am Steuer die Mutter. «In 16 Sekunden wurden Leben zerstört», sagte der Richter.

Richter: Etwas Grausameres für Eltern nicht vorstellbar 

Der Wagen des 23-Jährigen habe das Auto mit hoher Geschwindigkeit touchiert, während der 25-Jährige nicht mehr habe ausweichen können und «wie gegen eine Wand» und nahezu ungebremst in es hineingefahren sei. Ein Zwilling wurde tödlich verletzt, der zweite wie auch die Mutter schwer. Die beiden Raser blieben unverletzt. 

Der Vater war seiner Frau auf dem Heimweg vom Schrebergarten der Familie in einem zweiten Fahrzeug mit weiteren Angehörigen gefolgt. «Etwas Schlimmeres, Grausameres kann man sich für Eltern nicht vorstellen», sagte der Richter. «Weil ihr bisheriges glückliches Familienleben innerhalb von Sekunden zerbrochen ist.»

Sinnloses Autorennen vernichtete in Sekunden Leben 

Das Autorennen sei «ein sinnloser Vorgang» gewesen, sagte der Richter. «Es ging darum zu messen, wer schneller unterwegs ist.» Eine Frage, die aufgrund der deutlich höheren Beschleunigungsleistung und des geringeren Gewichts des E-Autos schon vorher geklärt gewesen sei. «Das Rennen war sinnlos, weil der Tesla ohnehin gewonnen hätte», sagte der Richter.

Der 23-Jährige, der wie auch der andere Angeklagte sehr «autoaffin» sei, hatte den Wagen dem Richter zufolge erst wenige Monate vor dem Crash für 60.000 Euro erworben – bei geringer Anzahlung und hoher monatlicher Kreditbelastung.

Verurteilung nach Paragraf 315d – verbotenes Kraftfahrzeugrennen 

Verurteilt wurden die beiden Angeklagten nach Paragraf 315d, der erst 2017 nach mehreren tödlichen Unfällen bei illegalen Straßenrennen ins Strafgesetzbuch aufgenommen worden war. Im Falle tödlicher Folgen sieht er einen Strafrahmen zwischen einem und zehn Jahren vor.

Dem älteren Angeklagten sei bei der Strafbemessung zugutegehalten worden, dass er sich in der Hauptverhandlung geäußert und von seinem eigenen Verhalten erschüttert gezeigt habe. «Es war einem Geständnis gleich», sagte der Richter.

Der 23-Jährige habe sich hingegen nicht geäußert, auch wenn man ihm nach Schilderungen des Richters im Verhandlungsverlauf habe ansehen können, wie ihn die eigene Tat und ihre Folgen emotional bewegten. Dennoch brachte ihm sein Schweigen eine um sechs Monate längere Haftstrafe ein.

Positiv sei bei beiden gewertet worden, dass sie nicht vorbestraft seien, bei ihren Eltern in geordneten Verhältnissen lebten und einer geregelten Tätigkeit nachgingen.