
Hamburg (dpa/lno) – Die Hamburger Hochbahn will die Elektrifizierung ihrer Flotte wegen der auslaufenden Bundesförderung für Elektrobusse verlangsamen. Das städtische Verkehrsunternehmen plant, seine mehr als 1.000 Dieselbusse zwei bis drei Jahre länger als geplant zu nutzen, wie Finanzvorständin Merle Schmidt-Brunn sagte. Allerdings sollen sie von 2026 bis 2029 auf den als weniger klimaschädlich geltenden Kraftstoff HVO umgestellt werden.
HVO steht für Hydrotreated Vegetable Oils, also mit Wasserstoff behandelte Pflanzenöle. Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne) nannte den Kraftstoff mit Blick auf das Recycling von Altfetten «Frittenfett». Schmidt-Brunn sprach von Ölen aus der Industrie, die man sonst wegschmeißen würde.
Festhalten am Ziel Klimaneutralität
Tjarks betonte: «Wir wollen weiterhin nur noch emissionsfreie Fahrzeuge anschaffen, und wir wollen unsere Busflotte bis 2029 klimaneutral machen, aber eben auf einem anderen Wege.» Nach einem Beschluss der Hamburgischen Bürgerschaft aus dem Jahr 2019 soll die gesamte städtische Busflotte bis 2030 auf emissionsfreie Antriebe umgestellt werden. Dieses Ziel hatte die Hochbahn bereits im vergangenen Jahr offiziell auf 2032 verschoben.
Die Zahl der E-Busse bei der Hochbahn soll bis Ende 2025 auf 425 steigen. Im vergangenen Mai waren 363 in Betrieb, Ende vergangenen Jahres waren es 280. Alle Neuanschaffungen werden noch mit Hilfe der auslaufenden Bundesförderung finanziert, wie Schmidt-Brunn sagte.
E-Busse sind nach ihren Angaben zweieinhalb- bis dreimal so teuer wie Dieselfahrzeuge. Der Bund übernehme 50 Prozent der Mehrkosten. Im nächsten Jahr sollen deutlich weniger Elektrobusse gekauft werden. Die Förderung endet in diesem Sommer.
Dieselbusse halten länger
Wirtschaftlich schwierig wird die Elektrifizierung auch, weil die Preise für die Fahrzeuge anders als erwartet nicht gesunken sind. Auf europäischer Ebene sei nur jeder zweite neu bestellte Bus ein Elektrobus, in Deutschland liege die Zahl noch darunter, sagte der Vorstandsvorsitzende der Hochbahn Robert Henrich.
Die Realität sei, dass in vielen deutschen Städten neue Dieselbusse bestellt würden. Henrich fügte hinzu: «Wenn wir sehen, dass Dieselbusse länger halten, was tatsächlich heute der Fall ist, (…) dann wäre es töricht, aus dieser Haltbarkeit der Fahrzeuge nicht auch wirtschaftlich den Nutzen zu ziehen.»
Tjarks machte auf ein weiteres praktisches Problem aufmerksam: Für die besonders großen XL-Busse der Hochbahn mit einer Länge von 21 Metern gebe es noch gar keine Elektroversion. Doch die Hochbahn brauche diese Fahrzeuge bis zur Inbetriebnahme der neuen U-Bahnlinie U5 im Jahr 2040, danach aber nicht mehr. Eine Entwicklung besonders großer E-Busse wäre sehr teuer.
Hochbahn erkennt Blackout-Gefahr
Mit Blick auf den Ukraine-Krieg sagte der Senator für Mobilitätswende: «Wir müssen uns überlegen, ob wir als Staat aufgrund der Kriegsereignisse in Europa eine strategische Busreserve brauchen, die nicht auf Elektro läuft.»
Schmidt-Brunn sagte: «Wenn Sie sich vorstellen, dass wir in Hamburg einen Stromausfall von 24 bis 48 Stunden haben, dann sind unsere E-Busse nicht mehr einsatzfähig.» Ende April hatte ein großflächiger Blackout das Leben in Spanien und Portugal mehr als zehn Stunden lang lahmgelegt. Ende des Jahres sollen 35 Prozent der Hochbahn-Busse einen Elektroantrieb haben.
Wachstum dank öffentlicher Förderung
Angesichts wachsender Fahrgastzahlen erweitert die Hochbahn auch ihr U-Bahnnetz, vor allem mit den neuen Linien U4 und U5. Die Investitionen erreichten 2024 ein Rekordniveau: 658,4 Millionen Euro wurden ausgegeben. Das seien knapp 70 Prozent der geplanten Investitionen, hieß es. Schmidt-Brunn sprach von einer hohen Quote.
Grund für die geringeren Investitionen als geplant seien Verzögerungen bei der Anschaffung neuer U-Bahnen vom Typ DT6 und neuer Technik für den halbautomatischen Betrieb der Züge. In diesem Jahr soll erstmals mehr als eine Milliarde Euro investiert werden.
Die Zahl der Fahrgäste stieg im vergangenen Jahr um 4,6 Prozent auf 551 Millionen. Das sei ein Rekord, sagte Henrich. Der Umsatz erhöhte sich dank der staatlichen Kompensationszahlungen für das Deutschlandticket um 14 Prozent auf 669,6 Millionen Euro.
Zugleich sank die Kostendeckung deutlich. Finanzierte sich das städtische Unternehmen nach Angaben von Schmidt-Brunn im Jahr 2019 noch zu 93 Prozent aus den Zahlungen seiner Kunden, so lag dieser Wert im vergangenen Jahr nur noch bei knapp 73 Prozent.