„Dialog im Dunkeln“ entgeht Insolvenz – vorerst

Zukunft gesichert: „Dialog im Dunkeln“ entgeht Insolvenz – vorerst / Foto: Screenshot

Zukunft gesichert: „Dialog im Dunkeln“ entgeht Insolvenz – vorerst

Hamburg. Monatelang stand das „Dialoghaus“ in der Speicherstadt am Rand des Aus. Nun kann Geschäftsführerin Svenja Weber aufatmen: Die drohende Insolvenz der gemeinnützigen Erlebniswelt konnte abgewendet werden – dank tatkräftiger Unterstützung aus Stiftungen, Politik und Zivilgesellschaft. Doch die finanzielle Lage bleibt angespannt.

Die Institution, die mit Formaten wie „Dialog im Dunkeln“ und „Dialog im Stillen“ bundesweit und international bekannt wurde, hatte Anfang des Jahres ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung eingeleitet. Der Grund: Trotz jährlich rund 90.000 zahlender Besucherinnen und Besucher reichten die Einnahmen nicht mehr aus, um die laufenden Kosten zu decken. Vor allem Schulklassen und Unternehmensgruppen blieben nach der Corona-Pandemie aus, so Weber.

Neues Trägerunternehmen schuldenfrei – Mitarbeiterzahl gesunken

Ein halbes Jahr später ist klar: Das Schlimmste konnte verhindert werden. Die operative Verantwortung wurde auf eine neue gemeinnützige Organisation, die „Dialogue Impact gGmbH“, übertragen – schuldenfrei und mit neuem Fokus. Rechtsanwalt Sebastian Zeeck, Restrukturierungsexperte bei PwC, begleitete den Übergang eng. Besonders bemerkenswert: Er und seine Kanzlei arbeiteten nahezu vollständig pro bono.

Trotz der erfolgreichen Sanierung war der Einschnitt für das Team spürbar. Von den ursprünglich 96 Mitarbeitenden sind rund 70 geblieben. Einige verließen das Haus freiwillig, andere mussten gehen. Viele jedoch reduzierten freiwillig ihre Arbeitszeit, um Kündigungen im Kollegenkreis zu vermeiden. Ein solidarisches Signal, das Svenja Weber nachhaltig beeindruckte.

Verkleinertes Angebot – aber Kernerlebnisse bleiben bestehen

Um wirtschaftlich überleben zu können, wurde das Angebot angepasst. Die Kinder-Ausstellung „Kids im Dialog“ ist nicht mehr Teil des Programms. Erhalten bleiben zentrale Erlebnisse wie „Dialog im Dunkeln“, „Dinner im Dunkeln“, „Dialog im Stillen“ sowie Workshops und Teamformate.

Möglich wurde der Fortbestand auch durch starke Partner: Die Dorit & Alexander Otto-Stiftung, die Hans-Weisser-Stiftung sowie die Harders-Familienstiftung leisteten substanzielle finanzielle Hilfe. Die städtische HHLA kam dem Dialoghaus bei der Miete deutlich entgegen.

Politische Rückendeckung – Dressel machte sich persönlich stark

Einen ungewöhnlich aktiven Beitrag leistete auch Hamburgs Finanzsenator Andreas Dressel (SPD), der sich früh öffentlich für den Erhalt des Hauses einsetzte. Bereits im März appellierte er an die Hamburgerinnen und Hamburger, das Dialoghaus mit Besuchen zu unterstützen – ein Schritt, der in dieser Form selten ist.

Auch Insolvenzexperte Tjark Thies, vom Amtsgericht als Sachwalter bestellt, verzichtete vollständig auf ein Honorar – ein weiteres Zeichen dafür, wie groß das Engagement rund um die Rettung des Hauses war.

Neustart ohne Schulden – aber mit Finanzierungslücke

Trotz der erfolgreichen Sanierung bleibt die finanzielle Lage angespannt. Die jährlichen Betriebskosten belaufen sich auf rund 2,4 Millionen Euro. Laut Svenja Weber können etwa 90 Prozent davon durch Eintrittsgelder und Einnahmen aus eigenen Formaten gedeckt werden – die restlichen 10 Prozent müssen weiterhin durch Spenden oder Förderungen aufgebracht werden.

„Wir arbeiten derzeit daran, einen Förderkreis aus Freunden und Unterstützern aufzubauen“, sagt Weber. Das Ziel: dauerhaft unabhängiger von Einzelhilfen zu werden.

Standortwechsel absehbar – barrierefreier Neubeginn möglich

Mittelfristig steht ein Umzug bevor. Das Gebäude in der Speicherstadt liegt an einer Kaimauer, die saniert werden muss – Baubeginn voraussichtlich frühestens 2027, möglicherweise auch erst 2028. Der künftige Standort ist zwar noch nicht offiziell bestätigt, doch es gibt bereits einen Favoriten: das Parkhaus an der Ecke Reichenstraße/Willy-Brandt-Straße.

Die Stadt Hamburg – über ihre Immobiliengesellschaft Sprinkenhof –, die Dialogue Impact gGmbH und Finanzsenator Dressel prüfen derzeit, ob sich das Erdgeschoss des Gebäudes entsprechend umbauen ließe. Eine Machbarkeitsstudie soll bis Ende des Jahres vorliegen.

Fazit: Gerettet – aber nicht endgültig gesichert

Das Dialoghaus bleibt Hamburg erhalten – vorerst. Die neue Trägerstruktur, der große Rückhalt aus Stadtgesellschaft und Politik sowie der Verzicht vieler Beteiligter auf finanzielle Ansprüche haben die Insolvenz abgewendet. Doch um den dauerhaften Betrieb zu sichern, braucht es weiterhin Unterstützung – finanziell, ideell und strukturell.

WEB: Immersive Erlebnisse in Hamburg | Dialoghaus

Quelle: Hamburger Abendblatt