Bündnis wirft Polizei Gewalteskalation auf dem Kiez vor

Das Bündnis fordert unter anderem «den Stopp des rassistischen Profilings und der eskalierenden Polizeigewalt».
Das Bündnis fordert unter anderem «den Stopp des rassistischen Profilings und der eskalierenden Polizeigewalt». Foto: Markus Klemm/dpa

Hamburg (dpa/lno) – Rund 60 Organisationen, Initiativen, Einrichtungen und Anwohner von St. Pauli haben schwere Vorwürfe gegen die Hamburger Polizei wegen ihrer Kontrollen auf dem Kiez erhoben. Im vergangenen Jahr sei es zu mindestens zwei Einsätzen gekommen, bei denen «Personen unserer Nachbarschaft» von Polizisten mit gezogener Waffe bedroht worden seien, erklärte Steffen Jörg vom Bündnis «St. Pauli für Alle! – ohne Diskriminierung, Vertreibung und Polizeigewalt». «Es gibt hier in der Nachbarschaft die große Besorgnis, dass es demnächst auch dazu kommen könnte, dass eine schwarze Person durch eine Polizeikugel getötet wird», betonte der Sozialarbeiter von der GWA St. Pauli. 

Bündnis fordert Auflösung der Taskforce Drogen

In seiner gemeinsamen Erklärung «Für ein sicheres St. Pauli für alle – ohne Diskriminierung, Vertreibung und Polizeigewalt» fordert der Zusammenschluss die sofortige Auflösung der Taskforce Drogen, die Abschaffung polizeilicher Sonderzonen sowie «den Stopp des rassistischen Profilings und der eskalierenden Polizeigewalt». Stattdessen sollte unter anderem in die soziale Infrastruktur investiert werden. 

Die Polizei wies den Vorwurf des Racial Profilings entschieden zurück. «Herkunft oder Hautfarbe sind keine Kriterien für ein polizeiliches Tätigwerden», sagte ein Sprecher der Deutschen Presse-Agentur. Es gehe jeweils ausschließlich um das Verhalten, das zu einem Einschreiten führe. «Unsere Maßnahmen erfolgen stets auf rechtlichen Grundlagen und unter Wahrung der Verhältnismäßigkeit.»

Polizei: Präsenz und Maßnahmen grundsätzlich positiv bewertet

Der Sprecher betonte, Zielrichtung des Einschreitens und der Kommunikation sei Deeskalation. Doch «in Einzelfällen wird im Einsatzverlauf als Folge unkooperativen Verhaltens bis hin zu Widerstandshandlungen konsequentes Vorgehen bis hin zur Anwendung von Zwangsmitteln erforderlich.»

Grundsätzlich würden die polizeiliche Präsenz und deren Maßnahmen von der Bevölkerung sehr positiv bewertet, erklärte der Sprecher. «Bürgerhinweise, Kritik und ähnliche Anliegen bezüglich polizeilicher Maßnahmen werden regelhaft geprüft.» Dabei sei sogar der Wunsch nach mehr Präsenz der Taskforce festzustellen.

Aus Sicht des Bündnisses schafft die von der Polizei 2016 eingeführte Taskforce Drogen zur Bekämpfung des Drogenhandels im öffentlichen Raum dagegen keine Sicherheit, sondern verbreite vielmehr Angst und Verunsicherung. Vor allem schwarze Menschen müssten permanent fürchten, nach rassistischem Muster kontrolliert oder massiveren Formen polizeilicher Gewalt ausgesetzt zu werden. «Der Senat muss diese tagtägliche Belastung und die Sorge der Menschen hier endlich ernst nehmen», klagte Jörg.

Verhalten der Polizei hat Folgen für Alltagsleben

«Die Polizei ist die Institution mit staatlichem Gewaltmonopol und steht damit umso mehr in der Verantwortung für die Sicherheit aller zu sorgen, anstatt sie zu gefährden», betonte Moana Kahrmann von einem kollaborativen Forschungsprojekt unter dem Dach der HAW. Die Polizei negiere jedoch nach wie vor jedes Racial Profiling. Dabei belegten Forschungsergebnisse etwas anderes, nämlich dass das Verhalten der Polizei drastische Folgen für das Alltagsleben der Menschen habe.

Jörg verwies auch auf eine Auswertung der Linksfraktion auf Antworten des Senats auf eine Kleine Anfrage. Demnach habe es seit Einführung der Taskforce Drogen 370.000 Kontrollen gegeben, wobei es nur in 0,5 Prozent der Fälle zu einem Haftbefehl gekommen sei. Insgesamt seien in die Taskforce mehr als 1,4 Millionen Polizeistunden investiert worden. Die Taskforce koste den Steuerzahler fast 95 Millionen Euro bislang, sagte Jörg.