Alkohol in der Schwangerschaft: Lebenslange Folgen für Kinder

3. Dezember 2025 13:44Quelle: NDR / RSS-Feed-Import

Alkohol in der Schwangerschaft: Lebenslange Folgen für Kinder

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Etwa zwei Prozent der Kinder in Deutschland leiden unter Hirnschädigungen, die durch Alkoholkonsum der Mutter während der Schwangerschaft verursacht wurden. Diese Schädigungen werden als Fetale Alkoholspektrumstörungen (FASD) zusammengefasst. Die schwerwiegendste Form ist das Fetale Alkoholsyndrom (FAS). Das Kinderzentrum Pelzerhaken ist eine der wenigen bundesweiten Anlaufstellen für Diagnose, Therapie und Beratung.

FASD verursacht lebenslange Entwicklungs- und Lernprobleme
Matthies Kruse (18) aus Scharbeutz ist von FAS betroffen. Trotz seiner Leidenschaft für Musik (er produziert Hörspiele und eigene Songs) kämpft er mit Lernschwierigkeiten, Konzentrationsproblemen und der Unfähigkeit, auf unvorhergesehene Situationen im Alltag adäquat zu reagieren. Stress führt dazu, dass ein Teil seines Gehirns in den Alarmmodus schaltet und er nicht mehr aufnahmefähig ist. Feste Abläufe und ein behütetes Umfeld sind essenziell für seine Alltagsbewältigung.

Typische Symptome und die Herausforderungen für Familien
Matthies‘ Adoptiveltern ließen ihn untersuchen, nachdem er verzögert laufen und sprechen lernte. Extreme Gefühlsausbrüche, Impulsivität und spezifische Gesichtsmerkmale führten zur eindeutigen Diagnose FAS. Seine Adoptivmutter Andrea Kruse berichtet, dass sie und ihr jüngerer Sohn Simon, der ebenfalls FASD hat, viele Wutanfälle durchlebt haben, die sich bei Überforderung in Schreien und dem Werfen von Gegenständen äußerten.

Hohe Dunkelziffer aufgrund von Verwechslung und Scham
Kinder- und Jugendmediziner Dr. Stefan Ortfeld schätzt, dass FASD die häufigste angeborene Behinderung ist, aber oft nicht diagnostiziert wird. Dies liegt daran, dass die Symptome – insbesondere die starke Impulsivität – häufig mit ADHS verwechselt werden. Ein weiterer wichtiger Grund für die hohe Dunkelziffer sind die Scham und die Schuldgefühle der leiblichen Mütter, die ihren Alkoholkonsum in der Schwangerschaft verschweigen.

Frühe Diagnose ermöglicht bessere Förderung
Bleibt FASD unentdeckt, leiden die Betroffenen oft unter Überforderung und sozialem Ausschluss. Eine frühzeitige Diagnose ist entscheidend, um die Kinder gezielt zu fördern und ihnen den Umgang mit ihrer Impulsivität zu lehren.

Das Kinderzentrum Pelzerhaken bietet interdisziplinäre Hilfe
Das Kinderzentrum in Neustadt-Pelzerhaken (Ostholstein) bietet als Anlaufstelle Expertise in Medizin, Psychotherapie und Sozialpädagogik für FASD-Kinder und Jugendliche. Auch Pflege-, Adoptiv- und leibliche Eltern werden beraten. Dr. Ortfeld betont, dass Schleswig-Holstein trotz weiterer FASD-Anlaufstellen an Universitätskliniken in Kiel, Lübeck und Itzehoe absolut unterversorgt ist. Andrea Kruse, die nach der Diagnose ihrer Söhne keine Beratung fand, teilt ihr Wissen nun selbst als FASD-Fachkraft.

Forderung nach besserer Prävention
Laut dem Verein „FASD Deutschland“ trinkt mehr als jede vierte Frau in der Schwangerschaft Alkohol. Schon ein Glas Sekt kann zu Hirnschäden führen. Dr. Ortfeld fordert, dass Prävention bereits im Sexualkundeunterricht stattfinden muss, um Jugendliche über die Folgen aufzuklären. Andrea Kruse kritisiert, dass Gynäkologen und Hebammen die Warnung vor Alkohol nicht vehement genug aussprechen, um klarzumachen, dass Alkohol eine lebenslange Behinderung verursacht. Matthies Kruse, der seinen leiblichen Müttern keine Vorwürfe macht, bedauert, dass er aufgrund seiner Behinderung viele Dinge – wie ein Musikstudium – nicht machen kann.

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