Mr. President – Eine ambivalente Liebeserklärung an den US-Präsidenten

Zwischen Hymne und Karikatur: Ein Lied über den Präsidenten

„Oh Mr. President“ ist ein Song, der sich nicht in eindeutige Kategorien pressen lässt. Auf den ersten Blick wirkt er wie eine hymnische Liebeserklärung: Der Präsident wird als Monument besungen, als jemand, der Stürmen trotzt, als „Peacemaker“ und „Dealbreaker“. Die Refrains tragen die Wucht einer Huldigung, fast wie eine politische Hymne, die den Führungsanspruch eines Mannes in pathetischen Bildern untermalt.

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Doch die Strophen sprechen eine andere Sprache. Hier begegnet uns ein Präsident, der „wirr und schrill“ twittert, der „schreit und tobt“ und im Tonfall eines Diktators auftritt. Die Texte verweisen auf Fake News, Mauern und eine Rhetorik, die spaltet, provoziert und gleichzeitig verführt. In dieser Ambivalenz entfaltet das Lied seine eigentliche Spannung: Es schwankt zwischen Faszination und Abscheu, zwischen Bewunderung und Karikatur.

Die Bridge bringt diesen Schwebezustand auf den Punkt: „Peacemaker, Dealbreaker – niemand versteht, wie Wut plötzlich Frieden im Keim noch sät.“ Der Song beschreibt nicht, er urteilt nicht, er lässt die Widersprüchlichkeit stehen – als Spiegel einer Figur, die die politische Landschaft dominiert, indem sie sich jeder Eindeutigkeit entzieht.

Interessant ist auch die Perspektive auf Europa: Das „alte Europa“ lacht und verspottet den Mann, doch der Text deutet an, dass dieses Lachen kurzsichtig sein könnte. Der Präsident erscheint hier nicht nur als nationaler Führer, sondern als globaler Störfaktor – oder gar als Katalysator einer neuen Ordnung.

So changiert „Oh Mr. President“ zwischen Hymne, Kritik und ironischer Überhöhung. Es ist weder reine Liebeserklärung noch reine Abrechnung, sondern eine künstlerische Verdichtung jener Ambivalenz, die moderne Politik und ihre Protagonisten prägt. Gerade dadurch entfaltet der Text seine feuilletonistische Qualität: Er ist Kommentar, Spiegel und Provokation zugleich.

Den Texter ist ein großartiger Spagat zwischen Bewunderung und Verachtung gelungen.