
Kiel (dpa/lno) – Die Zahl der Menschen in Schleswig-Holstein, die die Hotline der Kassenärztlichen Vereinigung 116 117 anrufen, ist stark gestiegen. Das geht aus einer Antwort der Landesregierung auf eine Anfrage der SSW-Landtagsfraktion hervor.
«Die Zahlen zeigen, dass offensichtlich immer weniger Menschen in der Lage sind, direkt einen Termin bei einem Facharzt zu bekommen», sagte der SSW-Fraktionsvorsitzende Christian Dirschauer. Dieses Problem werde sich durch die demografische Entwicklung und den Fachkräftemangel in den Arztpraxen absehbar weiter verschärfen.
Zahlreiche Terminanfragen bei Radiologen
Wie aus der Antwort der Landesregierung hervorgeht, wählten im Jahr 2024 mehr als 438.000 Menschen die Hotline der KVSH. 2022 waren es erst 372.000 gewesen. Am stärksten nachgefragt waren Termine bei Radiologen (fast 15.500), Psychotherapeuten (fast 13.400) und Nervenärzten (11.200).
Die 116 117 ist die zentrale bundesweite Nummer für die Vermittlung von Arztterminen für Kassenpatienten und für den ärztlichen Bereitschaftsdienst. Dabei wird der Anrufer automatisch anhand der Vorwahlnummer seines Standortes dem zuständigen Bereitschaftsdienstbezirk zugeordnet.
Um den Terminservice in Anspruch nehmen zu können, wird in der Regel eine Überweisung mit einem Dringlichkeitscode des Hausarztes benötigt. Gesetzlich versicherte Patienten sollen so schneller einen Termin bei einem Facharzt, Haus-, Kinder- und Jugendarzt sowie Psychotherapeuten bekommen – in dringenden Fällen innerhalb von vier Wochen.
Ärztekammer-Präsident fordert gute Patientensteuerung
«Fachärzte wie Radiologen oder Psychotherapeuten werden stark frequentiert und gleichzeitig werden die Personalressourcen aufgrund des erhöhten Behandlungsbedarfs immer knapper», sagte dazu der Präsident der Ärztekammer Schleswig-Holstein, Henrik Herrmann. Gleichzeitig werde die Rufnummer 116117 bei Patientinnen und Patienten immer bekannter und infolgedessen mehr genutzt.
«Wir brauchen dringend eine gute Patientensteuerung. Denn sie ist essenziell, um die medizinische Versorgung effizient, gerecht und nachhaltig zu gestalten», erklärt Herrmann. Zur besseren Steuerung der Patientenströme könne auch das Primärarztsystem beitragen. Es müsse aber gewährleistet sein, dass Patientinnen und Patienten in regionaler Nähe einen Hausarzt aufsuchen könnten.
Ebenso müssten fachärztliche Dauerbehandlungen wie zum Beispiel bei Niereninsuffizienz oder schweren Lungen- oder Herzerkrankungen unberührt bleiben und bedürften keiner zusätzlichen primären Hausarztversorgung, sagt Herrmann.
«Nur weil Patienten zuerst über den Hausarzt gehen, haben wir nicht plötzlich mehr Fachärzte», sagte SSW-Fraktionschef Dirschauer. Man brauche in Schleswig-Holstein insgesamt ein breiteres Angebot. Eine Untersuchung bei einem Radiologen sei eine wichtige Grundlage für weitere Behandlungen. Da seien die langen Wartezeiten nicht hinzunehmen.