
Kiel (dpa/lno) – Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister Claus Ruhe Madsen (CDU) und die Branche sind unzufrieden mit dem deutschen Tempo bei der Vergabe von Wehraufträgen. Insbesondere zähe Abläufe machten die von Kanzler Olaf Scholz (SPD) angekündigte Zeitwende «eher zu einer Zeitlupenwende», sagte Madsen nach einem Wehrtechnikgipfel.
Der Präsident des Kiel Instituts für Weltwirtschaft, Moritz Schularick, forderte mehr Verteidigungsausgaben und eine Konzentration auf Technologien von morgen statt des Ankaufes längst entwickelter Systeme. «Darin liegen auch die ökonomischen Chancen.» Ein signifikanter Teil der Ausgaben trage sich durch Wertschöpfung langfristig selbst. Kurzfristig müssten Mehrausgaben über Kredite finanziert, auf lange Sicht der Haushalt umgeschichtet werden.
Rund 140 Milliarden für Verteidigungsetat gefordert
«Wir haben 20 Jahre lang unsere Sicherheit vernachlässigt», sagte Schularick. Rund 3,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts müsse dafür aufgewandt werden. Das sind etwa 140 Milliarden Euro. Bereits im aktuellen Verteidigungsetat sei eine Erhöhung um 28 auf 80 Milliarden Euro notwendig.
«Allein der Vergleich mit den deutschen Rüstungskapazitäten von vor 20 Jahren zeigt, dass es Jahrzehnte, wenn nicht Jahrhunderte dauern wird, um bei den aktuellen Beschaffungsgeschwindigkeiten ähnliche Kapazitäten wie noch im Jahr 2004 aufzubauen», sagte Schularick.
Madsen wandte sich in einem Brief an Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD), um Chancen eines maritimen Bundeswehr-Innovationszentrums in Schleswig-Holstein auszuloten. «Auf Bohrinseln werden massenhaft Meeres-Daten oder Informationen über Schiffsbewegungen gesammelt. Damit könnte man der Marine leicht dazu verhelfen, sich ein besseres Lagebild zu verschaffen – insbesondere in Bereichen, in denen sie selbst nicht mit Schiffen oder U-Booten unterwegs ist.» Dies könne angesichts zunehmender Sabotagefälle in der Ostsee höchst relevant werden.
Laut Anschütz-Geschäftsführer Andreas Weidner gibt es bereits eine Kieler Initiative, um Innovationen zu beschleunigen und Anwendungen mit zivil-militärischem Doppelnutzen zu fördern.